In den letzten Wochen war es recht still auf diesem Blog. Das hatte auch seinen Grund. Denn im März haben wir uns auf eine Reise begeben und der Entdeckung unseres Gartens im Roya-Tal gewidmet. Wir mussten das völlig verwilderte Stück Land, das wir im September gekauft haben, erst einmal begehbar machen, um bestaunen zu können, was wir da eigentlich erworben haben.
Schließlich haben wir auf der Entdeckungsreise in unseren Garten nicht nur unberührte Natur, sondern auch riesige jahrhundertealte Steinmauern entdeckt. Danach haben wir in einer Spontanaktion dutzende Bäume gepflanzt. Im Moment ist das unsere Ablenkung von der Corona-Welt. Außerdem brauchen die Bäume ja auch noch ein paar Jahre, bis sie groß sind.
Der unbekannte, verwilderte Garten
Wir haben unseren Garten im Roya-Tal eigentlich erst in diesem Frühjahr entdeckt. Denn als wir unser Haus und das dazugehörige Grundstück vor dem eigentlichen Kauf im Mai und Juni 2020 zweimal besichtigten, fand die Maklerin beide Mal eine Entschuldigung, auf die Begehung des Grundstücks zu verzichten. Das erste Mal berief sie sich auf die giftigen Spinnen und Schlangen, die in dem verwilderten Garten ein Zuhause gefunden hatten.
Zur zweiten Besichtigung gab es sogar ein Gewitter, sodass sie gar keine Ausrede mehr benötigte. Da wir aber fest entschlossen waren unser Grundstück vor dem Kauf auch zu besichtigen, wagten wir uns schließlich ausgerüstet mit einer Karte des Katasteramts alleine auf eine Entdeckungstour in unseren zukünftigen Garten. Wir fühlten uns wie Abenteurer, die eine verwunschene, unentdeckter Insel erforschten.
Allerdings waren große Teile dieser Insel einfach nicht zugänglich. Meterhohes Unkraut und Ginster, der unsere Köpfe überragte, versperrten uns den Weg. Aber wenigstens konnten wir einen kleinen Eindruck bekommen von dem, was wir da erwerben wollten.
Frühlingserwachen
Erst in diesem Frühjahr konnten wir diese Entdeckung unseres Gartens im Roya-Tal nachholen. Am ersten Märzwochenende haben wir uns meine Schwiegereltern zu Hilfe gerufen, um ihn ein paar Tage zu entwildern. Natürlich haben wir auch schon vorher Versuche dazu gestartet. Aber mit einer Vierjährigen, die in jedes Loch fällt und auf jeden Baum klettern möchte, gibt man ein solches Projekt nach 2 Stunden entnervt wieder auf.
Die Wochenenden sind kurz und die Entdeckung unseres Gartens im Roya-Tal schien schon aufgrund seiner unglaublichen Größe – genaugenommen sind es (nur) 3000 Quadratmeter- unmöglich.
Endlich! Die Entdeckung unseres Gartens im Roya-Tal
Schließlich haben wir Ecken in unserem Garten entdeckt, von denen wir noch nicht mal wussten, dass sie existieren. Oder dass sie uns gehören. Denn im Roja-Tal gibt es keine Gartenzäune und auch kaum Grundstücksmarkierungen. Deshalb verlassen sich die meisten auf die Angaben des Maklers, das Kataster oder auf Hinweise von Vorbesitzern oder Nachbarn.
Nach vier Tagen unentwegtem Entwilderns und Fällens fast toter Bäume -wir waren zu dritt- sah unser Grundstück plötzlich ganz anders aus. Merkwürdig, dass es jetzt wo es begehbar ist, noch viel größer erscheint. Und verwunschener.
Unser Grundstück, das ist ein klitzekleiner Wald und fünf etwa 70 Meter lange Terrassen. Der Wald wurde durch das Unwetter im Oktober ziemlich zerstört. In seiner Mitte klafft jetzt ein großes Loch, weil durch den Wind mehrere Bäume, darunter eine riesige, alte Pinie, zu Fall kamen.
Riesige Mauern nur aus Steinen
Die Terrassen wurden vor Jahrhunderten durch Steinmauern befestigt. Diese kommen nun zum Vorschein und sind sehr beeindruckend. Teils sind sie meterhoch, manchmal aus großen, manchmal aus kleinen Steinen. An einigen Stellen kann man den Felsen entdecken, auf dem unser Grundstück liegt. Ich fühle mich wie in einer mittelalterlichen Burg.
Als ich nun für diesen Text im Internet nach dem richtigen deutschen Begriff für diese „Trockenmauerterrassen“ suche, stoße ich auf die Information, dass meine Terrassen, oder besser das Wissen und die Technik ihrer Bauweise (L’art de la construction en pierre sèche : savoir-faire et techniques) zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO gehören. Denn sie bestehen ausschließlich aus Steinen und wurden ohne die Verwendung eines Bindemittels gebaut.
Sie wurden erschaffen, um die Berghänge der Alpen der Landwirtschaft zugänglich zu machen und sie vor Erosion zu schützen. Wann das war, weiß ich noch nicht, vermutlich irgendwann vor zwei bis drei Jahrhunderten.
Auf den Trockenmauerterrassen herrscht ein besonders mildes Klima, da sich die Steine während des Tages aufheizen und die gespeicherte Wärme in der Nacht wieder abgeben. Ihnen ist es wohl zu verdanken, dass auf den Hängen im südlichen Roya-Tal um Breil herum traditionell Oliven und Feigen angebaut werden.
Nachdem wir tagelang versucht haben unserer Terrassen vom Gestrüpp zu befreien, sind sie zumindest begehbar und entdeckbar. Sauber sind sie noch lange nicht. Dazu ist noch wochenlange Arbeit nötig. Denn nicht nur der Boden ist überwuchert, sondern auch die Terrassen selbst. Efeu, Dornenhecken und andere Kletterpflanzen haben sich hier in den letzten Jahrzehnten eingenistet. Nachdem ich mehrere Tage versucht habe, die Dornenhecken zu durchdringen, sind meine Arme ganz zerkratzt und ich fühle mich wie Dornröschen.
Den Himmel berühren
Aber wir sind am Ziel unserer Entdeckungsreise durch unseren Garten im Roya-Tal, denn wir können unsere Terrassen endlich begehen. Der Panoramablick ins Tal ist überwältigend. Obwohl unser Grundstück nur in halber Höhe auf den Berg auf etwa 600 Meter liegt, fühlt man sich dem Himmel ganz nah. Irgendwie erinnert mich der Ort auch an einen antiken Opferplatz.
Tatsächlich üben die riesigen Steinmauern einen ganz besonderen Reiz auf mich aus und jetzt wo sie begehbar sind, schlendere ich immer wieder träumend über die Terrassen und überlege, was man aus diesem verwunschenen Ort wohl machen kann.
Mit meinem Mann habe ich darüber gescherzt, dass man doch hier aufgrund der schieren Größe einen Campingplatz eröffnen könnte. Aber das ist natürlich Quatsch. Uns schwebt ein bisschen selbstversorgende Landwirtschaft vor. Vielleicht empfangen wir auch ein paar Touristen. Auf jeden Fall wünschen wir uns einen Ort, an dem man glücklich sein kann und an dem sich die vorbeiziehenden Tiere wohlfühlen.
Überall krabbelt es
Tiere gibt es hier wirklich. Als ich im Winter nachts vor unsere Haustür trat, hörte ich es eigentlich immer ein paar Meter weiter rascheln. Ich tippe auf Wildschweine. Auf unserem Grundstück gibt es eigentlich kaum einen Baum, an dem sie sich nicht verewigt haben.
In den Fenstern unseres Hauses leben hunderte Marienkäfer. Wir haben zwei, die wir immer noch nicht öffnen, weil dann jedes Mal dutzende der kleinen roten Käfer in unser Zimmer fallen. Jedes Mal, wenn wir das Haus wieder verlassen und in unsere Wohnung in Nizza oder einen anderen Ort kommen, nehmen wir unbeabsichtigt ein paar mit.
Jetzt wo es Frühling wird, flattern überall Schmetterlinge herum. Hier ist die Welt noch in Ordnung.
Das ganze Geflatter und Gekrabbel erinnert mich an meine Kindheit. Meine Gedanken träumen sich zurück in eine längst verlorene Zeit. Irgendwann Ende der achtziger Jahre gab einen Sommer in Berlin, da hatten wir auch so eine Marienkäferinvasion. Jetzt spielt mein Kind mit ihnen.
Wegträumen aus dem Corona-Chaos
Natürlich stürzen wir uns in diese Reise in unseren Garten, in dieses Leben und Arbeiten in der Natur nicht ohne Grund. Es hilft uns ungemein, das Chaos um uns herum zu vergessen.
Seit Januar grassiert das Coronavirus hier im Departement Alpes-Maritimes sehr stark. Zwischenzeitlich hatte Nizza 750 Neuinfektionen pro Woche auf 100 000 Einwohner. Damals waren die Schulen offen und die Touristen strömten in die Stadt.
Ende Februar wurde die Côte d‘Azur am Wochenende in den Lockdown geschickt. Die Menschen durften nur noch aus wichtigem Grunde das Haus verlassen oder um sich eine Stunde, aber auch nur bis zu einem Kilometer weit, die Füße zu vertreten.
Als auch im Pariser Großraum die Zahl an Corona-Neuinfektionen wieder stark anstieg, wurde im Departement Alpes Maritimes wie in 18 weiteren Departement am 19. März ein neues Lockdown-Konzept eingeführt. Nun gilt der Lockdown wieder die ganze Woche. Dafür aber darf man tun und lassen, was man will und solange man es will, wenn man sich nicht mehr als zehn Kilometer von seinem Wohnhaus entfernt. Auch die Sperrstunde, die es schon eine gefühlte Ewigkeit gibt, wurde von 18 auf 19 Uhr verschoben, wegen der Sommerzeit.
Überhaupt spürt man den Sommer langsam kommen. Überall blüht es und es wird schon wieder merklich wärmer. Ausgerechnet jetzt wurde der Lockdown auf ganz Frankreich ausgeweitet. Seit dem 3. April sind auch die Schulen im ganzen Land wieder geschlossen. Wenn man von den Ferien absieht, ist es das erste Mal seit dem letzten Frühjahr.
An Morgen denken!
Um nicht verrückt zu werden, haben wir uns auch schon einem neuen Projekt gewidmet. Wie es nach der Entdeckung unseres Gartens im Roya-Tal mit unserem neuen Haus und dem Grundstück weitergeht, erfährst du hier.
Hast du auch ein Projekt, welches dir hilft, das Corona-Chaos zu vergessen? Wie hältst du dich bei Laune?
Besitzt du auch Trockenmauern in deinem Garten und kannst mir vielleicht einen Tipp geben, wie man sie baut? Wie verhinderst du, dass sich Wildschweine an deinen Bäumen verewigen?
6 Kommentare
Was für ein herrliches Paradies!
Hallo Jörg!
Ja wir waren auch sofort in die wilde Natur verliebt.
Schöne Grüße nach Berlin und bleibt gesund,
Feli
Das sind doch spannende Erfahrungen, die noch viele Geheimnisse enthalten 😁
Hallo Jürgen,
ich freue mich auch auf die vielen Entdeckungen, die wir noch machen werden. Da kommt bestimmt noch was!
Viele Grüße,
Feli
Liebe Feli,
da habt ihr ein richtig schönes, kleines Paradies dort in Südfrankreich erworben. Wunderschön. Nach dem holperigen Start mit der Überschwemmung hat sich die viele Arbeit jetzt gelohnt, der Garten hat etwas wunderbar verwunschenes. Ein Ort zum flanieren, zum entspannen und träumen. Obstbäume würden sicher sehr gut passen, ansonsten etwas Pflege und den Rest erledigt die Natur von alleine. Nein, ich habe leider keinen Tipp gegen die Wildschweine im Garten, bei uns sind es eher nur Eichhörnchen, die da kommen. Und ein großer, schwarzer Rabe. So ein Garten kann im Lockdown ein Segen sein. Und wenn ich genug davon habe, dort zu sitzen, gehe ich wandern. Glücklicherweise ist unser Lockdown so ausgelegt, dass man sich (noch, mal sehen, was kommt…) von Zuhause entfernen kann. Also wird jeden freien Tag eine neue Wandergegend erkundet.
Liebe Grüße
Kasia
Liebe Kasia,
ja ich glaube auch ohne den Lockdown im letzten Jahr hätten wir das Haus nie gekauft. So hat alles auch eine gute Seite. 🙂
Obstbäume sind wirklich eine gute Idee. Ich werde bald berichten!
Eichhörnchen habe ich bei uns merkwürdiger Weise noch nicht gesichtet…
Liebe Grüße
Feli