Im Januar hat das renommierte McKinsey Global Institute eine Studie über die Gefahren und sozioökonomischen Folgen des Klimawandels herausgebracht. Ich habe sie mir angeschaut, wobei mich Frankreich und die Mittelmeerregion natürlich besonders interessiert haben. Folgt man der McKinsey-Studie zum Klimawandel wird es die typisch mediterrane Landschaft meiner neuen Heimat 2050 wohl nicht mehr geben.
Die McKinsey-Studie zum Klimawandel
McKinsey ist wohl jedem ein Begriff. Denn das Institut gehört zu den weltweit mächtigsten Unternehmens- und Strategieberatern. Die neue Studie des Unternehmens „Climate risk and response“ basiert auf der Untersuchung von 105 Ländern und liefert neben einer globalen Analyse mehrere regionale Fallstudien.
Sie präsentiert uns die ökologischen und ökonomischen Veränderungen, die sich in den nächsten 30 Jahren aus dem Klimawandel ergeben, wenn die Treibhausgasemissionen nicht in naher Zukunft drastisch reduziert werden. Wenn wir also weitermachen wie bisher. Darauf aufbauend leitet McKinsey Handlungsempfehlungen für Politiker und andere Interessensvertreter ab.
Die Gegenwart des Klimawandels
Was da schon bald auf uns zukommt, ist erschreckend. Spürbar ist es schon jetzt. Denn seit 1880 ist die Temperatur auf unserem Planeten im Durchschnitt um etwa 1,1 Grad gestiegen. Auf lokaler Ebene hat der Klimawandel bereits erhebliche Auswirkungen. Diese Auswirkungen werden zunehmen.
An vielen Orten ist ein durchschnittlicher Tag heute heißer als früher. Außerdem sind heute extrem heiße Tage wahrscheinlicher. So lag der Anteil der Orte auf der Nordhalbkugel, die vor 1980 einen wesentlich heißeren Sommer als normalerweise üblich erlebten ( das heißt mehr als 2 Grad wärmer als der Durchschnitt) bei 0,2 Prozent. 2015 betraf er dagegen schon 15 Prozent der Landfläche.
Der Anteil der Orte auf der Nordhalbkugel, die einen extrem heißen Sommer erlebten (also mehr als 3 Grad wärmer als normalerweise üblich), lag 2015 bei einem halben Prozent. Vor 1980 existierte das Phänomen noch gar nicht.
Die Autoren der McKinsey-Studie zum Klimawandel sind sich sicher, dass sich das Klima auf der Erde verändert und weitere Veränderungen in den nächsten zehn Jahren unvermeidlich sind. Auch in der nächsten Dekade werden die Temperaturen weiter steigen, egal was wir tun. Die Entwicklung jenseits von 2030 können wir noch beeinflussen, indem wir dafür sorgen, dass die Netto-Emissionen an Treibhausgasen auf null sinken.
Die Welt, die uns 2050 droht
Sollte das nicht gelingen, werden die Temperaturen weiter steigen. Stoßen wir weiter so viele Treibhausgases aus, wie es uns gefällt, werden die Temperaturen um das Jahr 2050 auf 2,3 Grad (+0,5/-0,3) im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter angestiegen sein. Abhängig vom genauen Standort kann dies zu einer durchschnittlichen Temperaturerhöhung von 1,5 bis 5,0 Grad Celsius im Vergleich zur heutigen Temperatur führen.
Die weitere Erwärmung der Erde wird die Häufigkeit und Schwere von Klimarisiken, wie tödlichen Hitzewellen, Extremniederschlägen, Wirbelstürmen, Dürren, Süßwassermangel und steigendem Meeresspiegel verstärken. Auch Missernten mit globalem Ausmaß werden denkbar. Bis 2030 werden sich die finanziellen Schäden durch Flussüberschwemmungen verdoppeln, bis 2050 sogar vervierfachen.
Tödliche Hitze
2050 werden zwischen 700 Millionen und 1,2 Milliarden Menschen in Gegenden leben, in denen die Möglichkeit von tödlichen Hitzewellen besteht. Vielleicht ist das auch schon ein paar Jahre früher der Fall, denn 2050 bezieht sich bei McKinsey auf den Durchschnitt der Jahre 2041-60.
Als tödliche Hitzewellen betrachtet die McKinsey-Studie zum Klimawandel mindestens drei Tage andauernde Hitzewellen, bei denen die tägliche maximale Feuchtkugeltemperatur 34 Grad überschreitet. Die Feuchtkugeltemperatur oder Kühlgrenztemperatur ist laut Wikipedia die tiefste Temperatur, die sich durch direkte Verdunstungskühlung erreichen lässt.
Die üblicherweise definierte Wärmeschwelle für die menschliche Überlebensfähigkeit liegt bei einer Feuchtkugeltemperatur von 35 Grad Celsius. Ein gesunder Mensch, der sich im Schatten ausruht, kann unter diesen Bedingungen vier bis fünf Stunden überleben. Bisher herrschte eine solche Temperatur auf der Erde, wenn überhaupt, nur in Ausnahmefällen.
Das trügerische Glück des Nordeuropäers
Allerdings trifft uns in Frankreich und Deutschland der Klimawandel nicht so stark. Zumindest nicht so verheerend wie andere Länder. Die McKinsey-Studie zum Klimawandel teilt die Länder unserer Erde nach Risikomuster in sechs Gruppen ein. Kriterien sind dabei die durch den Klimawandel veränderten (Über)lebens- und Arbeitsmöglichkeiten, die Lebensmittelproduktion, finanzielle Schäden sowie die Folgen für Naturräume und Ökosysteme.
Die Verlorenen: Deutlich heißere und feuchter Länder
Die am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder haben bis 2050 einen „extremen Anstieg an Hitze und Feuchtigkeit“ zu erwarten. Denn sie werden von tödlichen Hitzewellen heimgesucht und ihre Bewohner werden aufgrund des unerträglichen Klimas nicht mehr so viel landwirtschaftliche Arbeit verrichten können wie heute. Auch finanzielle Schäden und die Zerstörung von Naturräumen sind zu erwarten.
Zu diesen Ländern zählen nicht nur Indien und Bangladesch, von denen ja der an ökologischen Fragen interessierte Mensch seit langem ahnt, wie schlecht es um sie steht. Auch die Urlaubsparadiese Thailand und Vietnam gehören dazu. Für mich besonders schockierend ist, dass auch der Senegal zu dieser Gruppe gehört. Denn mein Trauzeuge und viele meiner Freunde sind Senegalesen. Sie leben in Frankreich. Vermutlich bleibt ihnen gar nichts anderes übrig, als für immer zu bleiben.
Heißere und feuchtere Länder
Auch die Länder der zweiten Gruppe sind nach der McKinsey-Studie zum Klimawandel von einem wärmeren und wesentlich feuchteren Klima bedroht. Allerdings wird das Klima hier bis 2050 nicht lebensgefährlich werden. Zu diesen Ländern zählen beispielsweise Indonesien Japan, Kamerun, oder Jordanien.
Heißere Länder
Länder der dritten Gruppe werden unter einem deutlich heißeren Klima leiden. Allerdings wird es in diesen Ländern nicht signifikant feuchter. Teilweise sind auch Dürreperioden zu erwarten. Zu diesen Ländern gehören beispielsweise Namibia, Kuba, Libyen Malaysia und Nikaragua, aber auch die europäischen Länder Rumänien, Serbien, Ungarn.
Länder mit Wassermangel
Länder der vierten Gruppe haben nach der McKinsey-Studie zum Klimawandel zukünftig weniger Regen zu erwarten. Sie werden unter wesentlich mehr Wassermangel und Dürren leiden als heute. Außerdem haben die Länder dieser Gruppe große Verschiebungen ihrer Öko- bzw. Klimazonen zu erwarten.
Zu dieser Gruppe gehören besonders viele Länder, die am Mittelmeer liegen, nämlich Griechenland, Italien, Spanien, Algerien, Ägypten, Marokko, Tunesien, die Türkei und Syrien. Außerdem zählen die europäischen Länder Bulgarien, Portugal und die Ukraine sowie der Iran, Mexiko Südafrika und Australien dazu.
Länder mit unterschiedlichem Klima
Eine weitere Gruppe von Ländern ist dadurch gekennzeichnet, dass sie sich aufgrund ihrer Größe, den anderen Gruppen nicht zuordnen lassen. Zu dieser Gruppe gehören China, die USA, Brasilien oder Argentinien.
Wir Glücklichen? Länder mit einem geringeren Gefahrenanstieg
Wir können es wohl als Glück im Unglück bezeichnen, dass die McKinsey-Studie zum Klimawandel Frankreich und Deutschland zu jenen Ländern zählt, die dessen Folgen verhältnismäßig wenig fürchten müssen. Außerdem gehören Russland, das Vereinigte Königreich, Österreich, Finnland, Polen, Norwegen, Schweden, Island und Kanada zu dieser Gruppe.
Verschiebung der Klimazone
Da es aber auch in diesen Ländern wärmer werden wird, ist die größte Veränderung auf die sich ihre Bewohner einstellen müssen, eine Verschiebung der Öko-bzw. Klimazone, auf der sie sich befinden. Denn diese Verschiebung ist in diesen Ländern am größten.
Mit anderen Worten: Wir werden unsere Heimat wohl 2050 nicht mehr wiedererkennen. Außerdem werden wir uns wohl darauf einstellen müssen, dass Überschwemmungen wesentlich häufiger auftreten werden. Beide Punkte betreffen Frankreich und Deutschland übrigens besonders.
Der Klimawandel in Frankreich
Ehrlich gesagt, bin ich etwas erstaunt, dass Frankreich in der McKinsey-Studie zum Klimawandel in die Kategorie der Länder mit einem geringeren Gefahrenanstieg fällt. Denn für mich fühlt es sich momentan nicht so an. Auch McKinsey ist der Meinung, dass Hitzewellen wie im Juli 2019, bei der es in weiten Teilen des Landes über 40 Grad warm wurde, durch den Klimawandel in Frankreich heute 10 Mal wahrscheinlicher geworden sind.
Außerdem ist der Anteil des Landes, der sich durch den Klimawandel landschaftlich und klimatisch total verändern wird, in Frankreich extrem hoch. Während sich die meisten Länder darauf einstellen müssen, dass zwischen null und 45 Prozent ihrer Fläche in eine andere Öko- bzw. Klimazone rutschen, sind es in Frankreich 75 Prozent! Bisher zählt ein großer Teil des Landes zu den feuchten Mittelbreiten, der Mittelmeerraum zu den winterfeuchten bzw. sommertrockenen Subtropen. Zukünftig wird es wärmer und trockener.
Der Klimawandel am Mittelmeer
Der Mittelmeerraum wird sich besonders stark verändern. Laut der McKinsey-Studie zum Klimawandel zählt er zu den sieben Regionen der Welt, in denen zukünftig die höchste Dürrewahrscheinlichkeit herrschen wird. 2050 ist mit einer jährlichen Dürreperiode von sechs Monaten zu rechnen. In Teilen der Mittelmeerregion wird es in einer Dekade acht Dürrejahre geben. McKinsey definiert Dürren dabei als ein mindestens drei Monate andauernde Trockenperiode.
Grundsätzlich wird 2050 in großen Teilen des Mittelmeerraums eine Dürrewahrscheinlichkeit von 60 bis 100 Prozent herrschen. Heute liegt die Dürrewahrscheinlichkeit im gesamten Mittelmeerraum noch bei unter 60 Prozent. Im südlichen Frankreich wird die Dürrewahrscheinlichkeit von heute 21 bis 60 Prozent auf bis zu 90 Prozent ansteigen.
Ein Meer in der Wüste?
Dadurch werden Teile des Mittelmeerraums bis 2050 einen Rückgang der durchschnittlichen jährlichen Oberflächenwasserversorgung von mehr als 70 Prozent erleben. Oberflächenwasser ist sämtliches Wasser der Erdoberfläche, also aus Seen und Flüssen sowie von noch nicht versickertem Niederschlag. Ein derart starker Rückgang der Wasserversorgung könnte laut der McKinsey-Studie zum Klimawandel chronischen Wasserstress verursachen und zu Grenzübergreifenden Konflikten führen.
Selbst wenn die Emissionen von Treibhausgasen (entsprechend des RCP 4.5 Szenarios) reduziert werden, besitzt Madrid 2050 ein Klima wie heute Marrakesch, während man in Marseille klimatische Verhältnisse erwarten kann, die heute in Algier existieren.
Gleichzeitig steigt die Wahrscheinlichkeit eines Extremregens, wie es ihn heute nur alle 50 Jahre einmal gibt, bis 2050 für Teile der Mittelmeerregion, wie das südliche Frankreich, Norditalien oder Kroatien, um mehr als das Vierfache.
Man kann wohl davon ausgehen, dass sich diese Veränderungen nachteilig auf Ernteerträge und Tourismus auswirken werden. Auch der Weinanbau ist betroffen. Schon heute gehen die landwirtschaftlichen Erträge im Mittelmeerraum zurück. 2019 beispielsweise verbrannte der Lavendel auf den Feldern der Provence.
Save our planet!
Ich finde diese Aussichten ziemlich frustrierend. Abmildern können wir sie nur, wenn wir alle unsere Lebensweise verändern! Was denkst du?
Interessierst du dich für die Folgen des Klimawandels in Frankreich? Dann lies mehr über die schlimme Unwetterkatastrophe in Südfrankreich im Oktober 2020, die uns einen großen Schreck versetzte. Zum Klimawandel in Frankreich und den Umbau der französischen Städte und den Methoden der Nachhaltigkeit in Frankreich habe ich eigene Artikel geschrieben.