Am 23. April hat der französische Premierminister Edouard Philippe einen Fahrplan für eine ökologische Kreislaufwirtschaft vorgelegt, der das Zeitalter der linearen Wirtschaftskette von der Herstellung, über die Konsumation, bis zur Entsorgung beenden soll. Dieser Fahrplan enthält 50 Maßnahmen und basiert auf der Arbeit von Experten, dem Resultat öffentlicher Befragungen sowie Zusammenkünften mit verschiedenen Akteuren aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Damit knüpft man an die Politik der Vorgängerregierung an, die 2015 ein Gesetz zur Energiewende verabschiedet hatte. Im Mittelpunkt stehen Abfallvermeidung und -wiederverwertung.
Ziel des Fahrplans für eine ökologische Kreislaufwirtschaft
Das von der französischen Regierung mit dem Fahrplan für eine ökologische Kreislaufwirtschaft anvisierte Ziel ist gewaltig. Bis 2025 soll der auf den Mülldeponien des Landes anfallende Abfall im Vergleich zu 2010 auf die Hälfte reduziert werden. Außerdem soll bis 2025 sämtlicher Plastikmüll recycelt werden. Der Verbrauch von Ressourcen dagegen soll bis 2030 um 30% gesenkt werden.
Bisher liegt Frankreich bei der Abfallverwertung im europäischen Vergleich auf keiner guten Position. Laut den Angaben der französischen Regierung bereitete Frankreich 2014 nur 39% seiner Abfälle auf. In Deutschland waren es hingegen 65%. Auch bezüglich der Trennung und Wiederverwertung von Plastikmüll liegt Frankreich derzeit unter dem europäischen Durchschnitt.
Verringerung der Konsumation
Ein Ziel müsse laut Philippe die Verringerung der Konsumation sein. Da dieses Ziel durch die Verlängerung der Lebensdauer der Produkte erreicht werden kann, empfiehlt er, französische Waren zu kaufen, da diese oft langlebiger seien als andere. Außerdem soll gezielt gegen die Entsorgung noch genießbarer Lebensmittel gekämpft werden. Des Weiteren denkt man über die Einführung einer Informationspflicht von Herstellern von Elektroartikeln und Einrichtungsgegenständen über die Verfügbarkeit von Ersatzteilen nach. Deshalb wird die Auskunft über die Reparierbarkeit von Heimwerkerartikeln sowie von elektronischen und elektrischen Geräten im Januar 2020 verpflichtend.
Recycling von Plastikmüll
Innerhalb der Produktion soll die Wiederverwertung von recyceltem Plastik im Mittelpunkt stehen, wobei diese durch die Wirtschaft vorerst nur freiwillig umgesetzt werden soll. Allerdings wird über ein Prämiensystem nachgedacht, bei dem Produkte aus ökologisch nachhaltigen Inhaltsstoffen mit mehr als 10% ihres Verkaufspreises prämiert werden. Die Einführung eines Solidarpfandes soll zur Rückgabe von Flaschen oder Dosen motivieren. Der Verbraucher gibt seine Plastikflaschen und Dosen dabei an öffentlichen Sammelstationen ab. Allerdings bekommt er dafür nicht seinen Pfand zurück. Dieser soll stattdessen der Finanzierung von Umwelt-, Gesundheits- oder Solidaritätsprojekten dienen.
Veränderungen innerhalb der Abfallentsorgung
Auch grundsätzlich soll die Wiederverwertung von Abfall zukünftig lukrativer werden als dessen Entsorgung. So soll die Mehrwertsteuer für die Verhinderung, Sammlung, Trennung und Wiederverwertung von Abfall auf 5,5 % gesenkt werden. Auch über die Erhöhung der TGAP, einer Steuer, die die Umwelt verschmutzende Aktivitäten betrifft, wird nachgedacht.
Die für die Abfallentsorgung zuständigen Unternehmen sollen stärker kontrolliert werden. Können sie die Vorgaben zu Mülltrennung und Recycling nicht erfüllen, sollen sie zukünftig einen Teil ihrer Einnahmen oder gar ihre Lizenz verlieren. Auch die Bestrafung für das unrechtmäßige Abstellen von Abfall an dafür nicht vorgesehenen Orten soll vereinfacht werden.
Die Produktverantwortung in der Abfallwirtschaft, das heißt die finanzielle oder praktische Verantwortung des Herstellers eines Produktes für dessen letztendliche Entsorgung, soll ausgeweitet werden. So sollen zukünftig auch in Cafés, Restaurants und Hotels anfallende Verpackungen, Spielsachen sowie Sport-, Freizeit- und Heimwerkerartikel davon betroffen sein.
Der Staat als Vorbild
Der Staat will mit gutem Beispiel vorangehen. So sollen bis 2022 mindestens 50% des in der Verwaltung benutzten Papiers recycelt sein. Schon jetzt sollen in der Verwaltung verwendete Telefone nicht neu angeschafft werden, sondern aus bereits benutzten Beständen stammen.
Möchtest du mehr über die Methoden der Nachhaltigkeit in Frankreich lesen? Oder interessierst du dich für die Folgen des Klimawandels in Frankreich? Dann lies mehr über die schlimme Unwetterkatastrophe in Südfrankreich im Oktober 2020, die uns einen großen Schreck versetzte. Zum Klimawandel in Frankreich und den Umbau der französischen Städte zu mehr Nachhaltigkeit sowie zur McKinsey-Studie von 2020, die sich mit den Folgen des Klimawandels in Frankreich und am Mittelmeer beschäftigt, habe ich eigene Artikel geschrieben.