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Mitten im Leben einfach noch einmal neu anfangen! Auswandern! Am besten nach Südfrankreich, in die Sonne, ans Mittelmeer und zur französischen Lebensart. Das ist es, wovon viele Menschen träumen. Die Krimiautorin Christine Cazon hat es getan!
Christine Cazon – Auswandern und neu anfangen
Kennst du Sauze? Ich kannte den Ort, der keine 100 Kilometer von Nizza entfernt liegt auch nicht bis ich die Krimiautorin Christine Cazon kennenlernte. Für sie war dieses Dorf in 1300 Metern Höhe der leichteste und vielleicht einzige Weg, im Alter von 42 Jahren noch einmal komplett neu anzufangen und nach Südfrankreich auszuwandern.
Heute ist Christine Cazon eine erfolgreiche Krimiautorin und lebt in Cannes an der Côte d‘Azur.
Ihr Romanheld Kommissar Leon Duval hat es auf 9 Fälle gebracht. Der bislang letzten Fall „Verhängnisvolle Lügen an der Côte d’Azur“ führt Kommissar Duval weit in die Geschichte zur Staudammkatastrophe von Malpasset, bei der 423 Menschen ihr Leben verloren.
Der Richter, der den Fall wieder aufrollen wollte, wurde in Grasse auf offener Straße erschossen.
Ein Blick zurück: Im 8 Teil der Krimireihe namens „Lange Schatten über der Côte d’Azur“ ermittelte Kommissar Duval zu einem Mordfall, der sich auf dem jüdischen Teil des historischen Friedhofs in Cannes ereignete hat und der ihn in die Zeit des Zweiten Weltkrieges und der deutschen Besatzung führte.
Christine Cazon: Zwischen Boule und Bettenmachen
Wen interessiert, wie dieser „Auswanderertraum“ gelingen kann, der eine Frau in der Mitte ihres Lebens von Deutschland auf einen Biobauernhof in die französischen Seealpen führt und dann ein paar Jahre später zu einer Romanautorin im mondänen Cannes werden lässt, sollte auch die beiden Bücher lesen, die Christine Cazon über ihr Leben geschrieben hat.
Christine Cazons erstes Buch „Zwischen Boule und Bettenmachen“ erschien 2009 in der ersten Auflage und wurde 2020 neu aufgelegt. Es handelt von ihrem Leben in eben jenem südfranzösischen Dorf Sauze.
Alles beginnt mit dem Plan ins Ausland zu gehen und ein Praktikum auf einem Biohof in den französischen Seealpen zu machen, das eigentlich nur ein Jahr dauern sollte. Dann aber bleibt Christine Cazon länger.
Eines Tages kommt der neue Wirt, der eine kleine Herberge im Nachbardorf übernommen hat auf den Hof um Käse zu kaufen. Es kommt wie es kommen musste. Christine Cazon verliebt sich in ihn, irgendwann führen beide die Herberge zusammen und heirateten.
Das Buch „Zwischen Boule und Bettenmachen“ ist ein Zusammenschnitt des Blogs „French Connection“ den Christine Cazon damals betrieb. Es ist eine Zusammenstellung kurzweiliger Erzählungen vom Leben einer Aussteigerin zwischen Hühnern, Feldarbeit, Dorffesten und Schneestürmen. Es handelt von einem Leben unter spartanischen Bedingungen inmitten der Natur.
Auch wenn sich das manchmal ganz schön kalt anfühlt, ist es irgendwie romantisch. Mit südfranzösischer Leichtigkeit nimmt dich die Autorin mit, auf eine Reise in die französische Kultur, die Bräuche und das Leben auf dem Land. Besonders schön ist es dabei, wenn Christine Cazons erzählt, wie es sich anfühlt, wenn man als Deutsche in Frankreich lebt und wenn sie über kulturellen Unterschiede stolpert.
Auswandereranekdoten zum Lachen…
Ich selbst musste bei der Lektüre immer wieder lauthals lachen, vor allem, weil mir das, was Christine Cazon da beschreibt, sehr bekannt vorkommt.
Zum Beispiel als sie erzählt, dass einer der Höfe, den sie auf ihrer Suche nach einem neuen Leben kontaktiert, weder Strom, noch fließend Wasser oder ein Klo hatte. Denn über solche Häuser bin ich auch gestolpert als ich im letzten Frühjahr nach einem Haus gesucht habe.
Oder als sie während einer Mahlzeit plötzlich merkt, dass sie „tripes“, also Innereien, isst. Diese Erfahrung ist bei mir schon eine Weile her. Damals erklärte mir mein – damals noch zukünftiger- Mann stolz, dass seine Oma ein typisches Gericht für uns gekocht hatte, das ich unbedingt probieren müsste.
Genauso amüsant finde ich, wenn Christine Cazon erzählt, dass sie Herzrasen bekommt, wenn sie in der Herberge ans Telefon gehen musste, weil sie so eine Angst davor hat, auf Französisch zu telefonieren. Denn ich kann es so gut verstehen. Auch ich versuche bis heute Telefonate soweit es geht zu verhindern. Nach 15 Jahren in Frankreich!
Schmunzeln muss ich auch, wenn ich lese, dass man den typisch französischen Wangenkuss keinen fremden Männern – also Männern, die weder zur Familie noch zum Freundeskreis gehören – geben sollte, da diese sich dann ermutigt fühlen würden.
Das habe ich ehrlich gesagt noch nie gehört. Das mit dem Küssen ist ja in Frankreich regional sehr verschieden. Dort wo mein Mann herkommt, gibt es für jedermann drei Küsschen. Das gilt sogar für die Begrüßung unter Männern. Kommt man auf eine Party mit 20 unbekannten Gästen muss man 60 Küsse verteilen. Das heißt natürlich nicht, dass sich niemand ermutigt fühlen würde.
…und Geschichten über deutsch-französischen Kulturunterschiede
„Zwischen Boule und Bettenmachen“ ist aber nicht nur ein erheiterndes Buch über das Auswandererleben, sondern auch eine ganz wunderbare Erzählung über die deutsch-französischen Kulturunterschiede. Auch deshalb muss ich immer wieder lachen.
So erzählt Christine Cazon eine Anekdote, bei der sie sich mit einer deutschen Freundin in einem Café unterhalten will, aber unentwegt Nachbarn oder andere Bekannte dazu kommen, so dass die Frage aufkommt die Störenfriede darauf aufmerksam zu machen, dass man doch ungestört sein wolle.
Dabei ist es für Franzosen eine schon fast absurd lustige Vorstellung, zu zweit in einem Dorfcafé zu sitzen und auf die Frage, ob man sich denn nicht dazu setzten darf, mit NEIN zu antworten! Für mich gilt das mittlerweile auch.
Christine Cazon: Von hier bis ans Meer
Christine Cazons Buch „Von hier bis ans Meer“ ist eine andere Nummer. In dem Ende 2020 erschienenen Werk begibt sie sich auf die Suche nach dem Glück. Dem Glück als solches, aber auch ihrem persönlichen Lebensglück.
Es ist auch ein bisschen die Suche nach sich selbst. Das hört sich erst einmal ziemlich schmalzig an. Ist es aber überhaupt nicht. Denn irgendwie wird Christine Cazon bei ihrer Suche und kurz vor dem Ziel immer wieder von der Realität ausgebremst.
Vieles in ihrem Leben, was Christine Cazon in „Zwischen Boule und Bettenmachen“ noch romantisch verklärt darstellt, wird in „Von hier bis ans Meer“ mit der tragikomischen Realität konfrontiert.
Diesmal setzt die Erzählung früher ein, zu jener Zeit als Christine Cazon noch in Deutschland lebte. Beim Lesen erfährst du, warum sie mit damals 42 Jahren beschloss nach Frankreich zu gehen und wie es ihr gelang, eine Lebenskrise in einen Neuanfang zu verwandeln.
Wieder begleitest du sie auf den „alternativen Aussteigerhof“ im Hinterland von Nizza, in ein unbekanntes neues Leben, in dem alles so anders ist und so anders riecht. Hier gibt es keine Ablenkung mehr, sondern nur noch das Leben.
Von Schicksalsschlägen und neuem Glück
Christine Cazon begegnet in diesem südfranzösischen Dorf das Glück, denn sie trifft den Wirt, der die Herberge im Nachbardorf Châteauneuf-d’Entraunes führt und von dem sie schon in ihrem ersten Buch „Zwischen Boule und Bettenmachen“ erzählte. Wie du schon weißt, heiraten sie und führen die Herberge fortan zusammen.
Leider zerplatzt der Traum vom großen Glück, denn wenige Monate nach der Fertigstellung des ersten Buches stirbt ihr Mann.
Wieder ist Christine Cazon am Ende, nicht nur emotional, sondern auch finanziell. Wieder klopft das Glück unverhofft an ihre Tür und sie bekommt das Angebot, Übersetzungen von Essays über Kriminalromane für eine kleine Zeitschrift zu machen.
Weitere Angebote folgen. Ebenso unverhofft tritt ein neuer Mann in ihr Leben, für den sie die kalten Berge verlässt und ins sonnige, quirlige Cannes am Mittelmeer zieht. Hier weckt Christine Cazon Kommissar Duval zum Leben und wird eine erfolgreiche Schriftstellerin.
Die schwierigen Seiten des Auswandererdaseins
Auch in „Von hier bis ans Meer“ setzt sich Christine Cazon mit den deutsch-französischen Kulturunterschieden auseinander. Wieder zeigt sie, wie es sich anfühlt, als Deutsche in Frankreich zu leben. Aber diesmal ist es ernster.
Denn Christine Cazon spricht jetzt auch über die Kulturschocks und über dieses Gefühl der latenten Frustration, das sich einstellt, wenn man über Jahre fortwährend auf Menschen trifft, die in einer anderen Welt sozialisiert wurden und deshalb anders denken und reagieren als man selbst.
Sie spricht auch darüber, wie es sich anfühlt, wenn man beim Kennenlernen einer neuen Person mit seinem Deutschsein konfrontiert wird und häufig auch mit Vorurteilen, die damit verbunden sind. Trotz dieser ernsteren Töne muss ich auch bei „Von hier bis ans Meer“ immer wieder in mich hineinlachen. Denn Christine Cazons Darstellungen kultureller Unterschiede sind für mich einfach urkomisch.
Zum Beispiel, wenn sie sich daran stört, dass die Proben ihrer Theatergruppe regelmäßig erst mit einiger Verspätung und nach einem ausgiebigen Picknick beginnen und sie auf Unverständnis stößt als sie eines Tages anregt, effizienter zu proben und pünktlicher anzufangen.
Das erinnert mich an die Zeit vor gut 10 Jahren als ich meinen Mann kennenlernte. Zu unserer zweiten Verabredung kam dieser nämlich 3 Stunden zu spät und verstand meine Aufregung darüber gar nicht. Ich habe ihn ja dann trotzdem geheiratet. Übrigens war ich auch schon auf Hochzeiten, bei denen die Braut mehr als eine Stunde zu spät zum offiziellen Termin im Standesamt kam.
Unüberbrückbarkeiten?
Dann gibt es Passagen in „Von hier bis ans Meer“, die für mich persönlich sehr komisch sind, die es aber gar nicht sein sollen. Denn sie beschreiben Gegebenheiten, die für Christine Cazon schmerzhaft und tragisch waren. So erzählt sie, dass sie kurz vor dem Tod ihres ersten Mannes herausfindet, dass die ganze aufregende Lebensgeschichte, die ihr dieser charmante und gut kochende Mann erzählt hatte, eine Lügengeschichte war.
Mein Mann kocht auch sehr gut. Als ich in den ersten Jahren unserer Beziehung einmal dahinterkam, dass er mir eine Lüge erzählt hatte, holte er weit aus und hielt mir einen langen Vortrag über den Unterschied zwischen dem Lügen und dem Verstecken der Wahrheit. Er hätte lediglich die Wahrheit versteckt. Unerhört, dass ich ihn des Lügens bezichtigte!
Heute haben wir solche Konflikte nicht mehr. Er versucht nicht mehr die Wahrheit zu verstecken und wenn er sie einmal allzu blumig oder übertrieben ausschmückt, schiebe ich es auf sein schlechtes Gedächtnis. So haben wir uns beide angenähert. Ich habe mir abgewöhnt es moralisch zu bewerten. Es ist ja auch irgendwie erfrischend.
Wenn ich aber Christine Cazons Zeilen lese, habe ich den Eindruck, sie glaubt sich rechtfertigen zu müssen, weil sie die schönen Geschichten ihres Mannes damals glaubte. Es lässt ihr keine Ruhe.
Ich gestehe, liebe Christine, ich hätte sie auch geglaubt! Heute finde ich sie auch gar nicht (mehr) so schlimm. Schließlich hatten sie den Zweck, das Leben zu verschönern. Es war doch auch schön, oder?
Planst du auszuwandern oder bist du schon in Frankreich?
Jenen, die demnächst planen nach Frankreich oder vielleicht auch anderswohin auszuwandern, seien Christine Cazons autobiographisch Bücher unbedingt empfohlen. Denn sie zeigen auf sehr authentische Weise, wie sich die Auswanderung nach Frankreich eigentlich anfühlt, wie unglaublich sie ein Leben bereichern kann, welche unangenehmen Seiten sie aber auch haben kann.
Für all jene, die bereits in Frankreich sind, führt die Lektüre zu vielen amüsanten, bekannten Momenten. Sie zeigt, dass man damit doch nicht so alleine ist.
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Christine Cazon führt bis heute den Blog aufildesmots.
Mehr über meine Auswanderergeschichte erfährst du auf der Seite Frankreich und ich.
Offenlegung: Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen.
5 Kommentare
Ja, durch Christine habe ich hierher gefunden, spannender blog.
Hallo Ulla,
vielen Dank für deinen Kommentar! Wenn du mich über Christine gefunden hast, dann kennst du ihre Bücher sicher schon. Hast du auch schon mal ans Auswandern gedacht?
Viele Grüße
Feli
Nun liebe Feli. Ich fühle mich als Teil einer Welt, die wahrscheinlich zu keinem Zeitpunkt in der Vergangenheit so viele Möglichkeiten, so viel Offenheit und Flexibilität bot. Und dennoch fühle ich mich gefangen in dem gleichen Korsett, mit dem schon unsere Vorfahren zu kämpfen hatten. Ich bin mir nicht sicher, ob es soviele Erfolgsgeschichten bei den Auswanderern gibt. Es dürfte viele geben, die sich naiv in ein Abenteuer stürzen, dass nicht richtig durchdacht ist. Sei es aufgrund von sprachlichen Barrieren; den Berufsaussichten, Eingliederungsproblemen; etc.
Es ist ja nicht nur die Frage, was wir zurücklassen und ob wir in unserem Ursprungsland ein besseres sozial abgesichertes Gefüge zurücklassen, sondern auch, ob unsere verträumte Vorstellung vom Loslassen und Neubeginn nicht sehr schnell von der Realität eingeholt wird. In einem Land Urlaub zu machen und an diesem Ort zu leben, sind für mich immer noch zwei verschiedene Welten, die nicht immer miteinander vereinbar sind.
Hallo lieber Frank,
vielen Dank für deinen Kommmentar! Selbst wenn eine Auswanderung schlussendlich scheitert, kann sie doch das Abenteuer, das sie mit sich gebracht hat, Wert gewesen sein. Am Ende unseres Lebens erinnern wir uns doch an die Dinge, die wir getan haben. Nicht an jene, die wir aus lauter Vorsicht und Zweifel nicht getan haben. Oder?
Ein Auslandsaufenthalt lohnt sich ja auch, wenn er nur ein paar Jahre und nicht das ganze Leben andauert. Angesichts des Klimawandels sollten wir uns sowieso überlegen, ob regelmäßiges in den Urlaub Fliegen noch zeitgemäß ist. Sollte man nicht besser versuchen, seinen Lebensmittelpunkt an einen Ort zu verlegen, der den eigenen Wunschvorstellungen entspricht?
Viele Grüße
Feli
Ohne den Oberbedenkenträger spielen zu wollen denke ich, dass so ein Abenteuer von vielen Faktoren abhängt, wie dem Alter der Kinder, den Berufen die es mir und meiner Frau erlauben müssten, so einfach neu anzufangen (wir beide sind z.B. selbständig d.h. mit einem festen Kundenstamm und einem Netzwerk); bei der Krankheit eines Menschen ist auch die Frage nach einer guten Arzt- und Krankenhausversorgung vor Ort; dann kommen sprachliche Faktoren dazu. Ich gebe Dir natürlich Recht, dass man seinen Träumen auch nachgeben muss, wenn man sein Leben nicht in geistiger Armut verbringen möchte.