Durch die Ausbreitung des Coronavirus in Frankreich leben wir seit fast drei Wochen in der Ausgangssperre. Über das Leben und Leiden in dieser Zeit schreibe ich in diesem Beitrag. Er nimmt an der Blogparade Reiseblogger während der Coronazeit von MyTravel-Magazin teil.
Das Leben in der Ausgangssperre
Heute ist der 4. April. Tag 19 der Ausgangssperre in Frankreich.
Wir halten uns noch immer strikt daran. Seit dem 17. März habe ich das Haus nicht mehr verlassen. Mein Mann war zweimal beim Drive, um Einkäufe abzuholen. Mittlerweile gibt es wieder alles. Ein einziges Mal waren Mann und Kind Fahrradfahren.
Immer noch macht mich das Eingesperrtsein irgendwie positiv. Ich kann es gar nicht erwarten, was danach kommt! Außerdem müssen wir da jetzt alle durch. Die ganze Welt! Ich finde es deplatziert, zu jammern. Denn viele Menschen sind in einer viel schwierigeren Situation als wir.
Das Coronavirus in Frankreich
Viele Menschen, vor allem ältere, sind ganz alleine in ihrer Wohnung. Ich aber bin mit meinen Lieben zusammen.
Andere arbeiten jeden Tag in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen des Landes, um Leben zu retten. Dabei können sie sich oft selbst nicht schützen, da es nicht ausreichend Atemschutzmasken gibt.
Viele Menschen müssen sterben. Gestern Abend gab es in schon 6 507 gemeldete Todesfälle durch das Coronavirus in Frankreich. 588 Menschen starben allein an einem Tag. Ein neuer Höchststand!
Wir dagegen sind gesund! Endlich! Denn tatsächlich war es mit dem Optimismus vorbei, als ich an Tag 8 der Ausgangssperre plötzlich krank wurde und es sich offensichtlich um eine Virusinfektion handelte. Vier Tage hatte ich eine starke Halsentzündung, schlief viel und aß kiloweise Mandarinen. Es ging vorbei und ich bin unendlich dankbar. Die Angst, dass es nun einen meiner Lieben erwischt, wird jeden Tag schwächer.
Und bei uns vor der Tür
Manchmal liest man in den sozialen Medien, dass die Menschen von dem Virus ja nicht viel spüren würden, ob die ganzen Restriktionen denn nötig wären…
Wir hier spüren die Präsenz des Coronavirus in Frankreich durchaus. Die italienische Grenze liegt 30 Kilometer entfernt. Die Lombardei ist gerade 260 Kilometer weit weg. In den Straßen von Nizza hört man genauso viel Italienisch wie Französisch. Wochenlang habe ich gebangt, dass die Coronawelle über die Grenze schwappt. Aber es scheint nicht passiert zu sein. Bis heute sind die Zahlen im Departement Alpes-Maritimes relativ niedrig.
Das heißt aber nicht, dass niemand krank ist. Durch unsere Wände hören wir unsere Nachbarn husten. Dabei ist es in Nizza meistens warm, manchmal schon zu warm. Eine gute Woche nach Beginn der Ausgangssperre war ich abends auf unserer Terrasse. Ein Rettungswagen kam in unsere Straße und hielt vor unserem Haus.
Die Männer, die aus dem Wagen stiegen, zogen mit versteinertem Gesicht ihre Atemschutzmasken an und gingen in unseren Hauseingang. Mir ist das Blut in den Adern gefroren.
Kurze Zeit später war ich selbst krank. Es besteht zur Zeit keine Möglichkeit zu testen, was ich hatte. Denn es fehlt hier am Nötigsten. Schon seit Beginn der Krise mangelt es in vielen Krankenhäusern an Atemschutzmasken und jetzt werden auch die Medikamente knapp.
Applaus für die Retter
Wir klatschen immer noch jeden Abend um 20 Uhr für die vielen Krankenschwestern, Ärzte und Einsatzkräfte, die jeden Tag alles geben, um Leben zu retten. Mittlerweile macht ein Großteil unserer Nachbarn mit. Ich weiß, dass sich immer mal wieder einer dieser Retter in den sozialen Medien meldet, weil er findet, dass man statt zu Klatschen lieber zu Hause bleiben, keine Atemschutzmasken klauen und keine Hamsterkäufe machen sollte.
Aber wir bleiben zu Hause, machen keine Hamsterkäufe und haben noch nicht mal auf legalem Wege versucht, an medizinische Masken zu kommen. Wir sind wirklich dankbar, was diese Menschen im Kampf gegen das Coronavirus in Frankreich leisten, und haben keine andere Möglichkeit, es zu zeigen.
Leiden in der Ausgangssperre
Viele Menschen leiden aber auch in und an der Ausgangsperre. Laut offiziellen Zahlen sind die gemeldeten Fälle häuslicher Gewalt in Frankreich seit deren Beginn um ein Drittel angestiegen. Auch wir merken, wie das Eingesperrtsein den Menschen aufs Gemüt schlägt. Regelmäßig hört man in unserer Straße jemand lauthals schreien oder Reden halten.
Wir lernen auch langsam unsere Nachbarn kennen. Nizza ist ja in Frankreich bekannt als Rentnerparadies. Auch unter unseren Nachbarn sind ausgesprochen viele alte, alleinstehende Frauen.
Vor ein paar Tagen klingelte es abends um acht an unserer Tür, weil unsere Nachbarin sich ausgesperrt hatte, als sie mit ihrem Hund Gassi gehen wollte. Mein Mann musste über den Balkon in ihre Wohnung klettern, um sie wieder rein zu lassen. Eigentlich wollte sie selbst klettern. Natürlich war er ihr Held!
Ein paar Tage später hörten wir zur Mittagszeit lautes Klopfen, das wir nicht einordnen konnten. Etwa ängstlich öffneten wir die Tür, da wir die Wahrscheinlichkeit, dass da jemand Hilfe brauchte, doch relativ hoch einschätzten.
Nachbarn in Not
Der Krach kam von einer anderen Nachbarin. Sie trommelte wie wahnsinnig gegen ihre geschlossene Tür und schrie um Hilfe, da sie der Meinung war, nicht mehr aus ihrer Wohnung zu kommen. Wieder kam mein Mann zu Hilfe und bearbeitete die Tür mit WD-40.
Immer wieder fragte sie ihn durch die geschlossene Tür, wer er denn eigentlich sei. Immer wieder antwortete mein Mann, dass er ein Nachbar sei, sie ihn schließlich um Hilfe gerufen hatte, wobei er auf mich und unsere Tochter zeigte. Offenbar hatte sie Angst vor ihm.
Dann ging die Tür schließlich auf. Hinter ihr eine alte, völlig verstörte Frau. Sie wollte meinen Mann noch nicht mal 20 Zentimeter hinter die Tür schauen lassen, damit er sich das Problem von innen anschauen konnte. Sie zögerte, musterte mich und meine Tochter, die sie ermutigend anlächelten. Offensichtlich hatte sie immer noch Angst vor uns.
Glücklicherweise kam just in diesem Moment die Vortags gerettete Nachbarin vorbei, die, als sie die Situation verstand, lauthals erklärte, dass mein Mann der beste Nachbar aller Zeiten sei, weil er sie selbst gerettet hatte und dass ich mich glücklich schätzen könnte, so einen tollen Mann zu haben.
Erst jetzt entspannte sich die andere und die nächste halbe Stunde plauderten wir, während unser Kind auf ihrem Plastikauto über den Flur sauste. Später bestätigte mir mein Mann, dass er kein Problem an der Tür oder dem Schloss entdecken konnte. Unsere Nachbarin war einfach nur in Panik.
Leider sieht es im Moment nicht so aus, als würde sich unsere Situation demnächst ändern. Hoffen wir das Beste!
Bleibt tapfer und gesund!
Wie geht es dir?
Wie sieht dein Leben momentan aus? Warst du schon krank? Macht dir die Corona-Pandemie zu schaffen oder hast du noch Optimismus?
Suchst du Informationen zum Coronavirus in Frankreich?
Dann schau dir meinen Beitrag zu den wichtigsten Vorschriften und Maßnahmen der französischen Regierung an. Hast du Angst selbst am Coronavirus erkrankt zu sein, erfährst du in meinem Beitrag zum Arztbesuch in Frankreich wie du jetzt vorzugehen hast.
Hier erfährst du wie mein Leben in der Ausgangssperre vor zwei Wochen aussah.
24 Kommentare
Sehr schön geschrieben, haltet durch und bleibt gesund
Liebe Eva!
Vielen Dank für deinen Kommentar und Zuspruch! Das hilft!
Liebe Grüße
Feli
Liebe Feli, ein wirklich toller Beitrag. Mir war gar nicht bewusst, dass es von Dir nach Italien nur noch ein Katzensprung ist. Richtig übel wird es sicherlich, wenn die sommerlichen Temperaturen über der Stadt liegen und es in den Wohnungen kaum noch auszuhalten ist. Ich hoffe wirklich, dass man bis dahin einen ausgewogenen Weg findet, mit der Sitatuation umzugehen. Ansonsten sehe ich die Folgen für die Seele , wie auch für die Wirtschaft weitaus schlimmer als die Folgen der Pandemie. Auch sehe ich das Versagen der Regierungen in den Flüchtlingscamps und was es für Obdachlose und Familien am unteren Rand der Gesellschaft bedeutet, wenn Hilfsinstituationen geschlossen bleiben müssen.
Bleibt alle gesund. Ich liebe Deine Beiträge.
Viele Grüße
Frank
Lieber Frank!
Vielen Dank für deinen Kommentar!Du hast Recht, um Juni wird es auch in Paris so warm, dass man die Ausgangssperre unmöglich aufrecht erhalten kann. Da würden die Alten dann an Hitze sterben und nicht mehr an Corona.
Die Hilfloskigkeit der Verantwortlichen in den Regierungen der Welt angesichts der Krise ist leider nicht zu übersehen. Sie macht mir auch Angst!
Viele liebe Grüße aus dem sonnigen Nizza,
Feli
Liebe Feli,
schön, dass es Menschen wie Du und Dein Mann gibt. Die alte Dame tut mir leid. Hoffentlich ist das nicht ein Anzeichen von Demenz? Meine kleine Schwester lebt in Straßburg. Ich telefoniere auch mehrmals die Woche mit ihr. Mache mir auch Sorgen. Bleibt alle gesund und munter! Liebe Grüße aus Wien, Marion
Liebe Marion,
vielen Dank für deinen lieben Zuspruch. Mittlerweile wissen wir, dass die Dame, die ihre Tür nicht mehr aufbekam, später wegen ihrer psychischen Probleme zum Arzt gegangen ist. Offenbar hat der entschieden, dass es besser ist, wenn sie bei Freunden unterkommmt, damit sie nicht mehr alleine ist.
Viele Grüße
Feli
Ich glaube, hier in Deutschland haben wir es alles relativ gut im Griff. Man darf noch vor die Tür, wenn auch nur alleine oder zu zweit. Shoppen war ja eh nie mein Ding, Essen gegangen sind wir auch nur selten. Nur dass es aktuell kein Kino gibt ist blöd. Und dass mein Taekwondoverein zu hat. Ansonsten merke ich für mich keine Einschränkungen. Die Kurzarbeit und viele freie Zeit kommt mir sogar sehr gelegen. Nen zweiten Monat würde ich das noch verkraften, aber dann müsste ich schon langsam schauen wegen dem Geld. Sorgen mache ich mir vor allem um die Familie, weil doch recht viele krank und/oder alt sind und zur Risikogruppe gehören und vor allem über 400km weg wohnen…
Hallo Tanja,
das kann ich gut verstehen, dass es schwierig ist, wenn die Familie so weit weg wohnt.
Ich wünsche dir alles Gute,
Feli
Stimmt, viele haben es viel schlimmer! Wir sind zum Glück bisher auch gesund, versuchen ganz viel an die frische Luft zu gehen und die Sonne zu genießen – hier auf dem Land ist das einfacher als in der Stadt – und nehmen uns für jeden Tag was Neues vor. So fällt uns nicht die Decke auf den Kopf. Langeweile hatte ich bisher jedenfalls noch keine!
PS: So einen Helden hätte ich auch gern ;) Ist sicher schöner, die Zeit mit einem Partner durchstehen zu müssen!
Liebe Grüße
Jana
Liebe Jana,
schön, dass die Zeit für euch so schnell vergeht. Du hast die frische Luft und ich meinen Helden. So hat jeder einen Vorteil :-)
Bleib gesund und so positiv,
Feli
Dazu kann man nur sagen: Halte durch! Es betrifft uns alle und auch hier in Österreich ist Ausnahmezustand. Dies hätte wohl niemand für möglich gehalten. Jetzt heisst es zusammenhalten und stark bleiben. Liebe Grüße, Claudia
Vielen lieben Dank! Manchmal ist das ganz schön schwierig!
Für ältere Menschen mehr als eine Herausforderung, wie Deine Geschichte zeigt. Aus Angst wird oft Verwirrtheit oder milde Demenz schreitet schnell fort. Wirklich tragisch und traurig, was zur Zeit geschieht.
Alles Liebe
Annette
Liebe Annette,
ja es ist furchtbar. Ich habe heute erfahren, dass die Nachbarin, die nicht mehr aus ihrer Wohnung kam, später wegen des psychischen Schocks beim Arzt war. Die Nachrichten im Fernsehen waren einfach zu viel. Jetzt ist sie zu Freunden gezogen.
Viele Grüße
Feli
Ich danke dir für diesen positiven Beitrag. Leute, die über die aktuelle Situation jammern, gibt es genug. Du machst uns Mut durchzuhalten und zeigst uns, dass auch in schwierigen Zeiten die Menschlichkeit nicht zu kurz kommt. Vielen Dank!
David von https://www.photoschmid.com/
Hallo David!
Vielen Dank für deinen Zuspruch. Manchmal ist es aber auch schwer! Dennoch: Auf in die zweite Halbzeit :-) !
Alles Gute und bleib gesund,
Feli
Mir geht es tatsächlich noch sehr gut und ich hatte zum Glück noch keine Anzeichen. Ich finde es total interessant von anderen Menschen aus anderen Ländern zu hören wie es ihnen geht. Eine riesen Herausforderung, aber wir werden das schon durchstehen.
Liebe Grüße
Luisa von http://www.allaboutluisa.com/
Liebe Luisa,
ja das werden wir! Wir haben ja auch keine andere Wahl!
Bleib auch weiterhin gesund,
Feli
Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es in Ländern wie Italien, Spanien, Frankreich & Co. aktuell ist. Ich finde ja die aktuelle Situation sowieso mehr als beängstigend und furchterregend. Ich wohne ja in Österreich, war jetzt aber auch seit 3,5 Wochen kaum draußen. Außer zum Spazieren gehen bei uns am Land (keine Menschenseele weit und breit Gott sei Dank). Einkaufen geht mein Freund, aber auch nur 1x die Woche. Arbeiten tun wir beide zuhause im Home Office.
Ich drücke euch allen auf jeden Fall die Daumen, dass wir das alle bald hinter uns haben!
Liebe Grüße
Alice von http://www.alicechristina.com
Interessant von einem der dort ist zu lesen, wie es tatsächlich ist, sonst kennt man ja nur die Berichte aus der Presse. Das alles hätte man sich vor ein paar Monaten noch nicht vorstellen können…
Hallo Feli, weißt du, ob am letzten Sommer die deutsch-französische Grenze wieder geöffnet wird, weil ich im Juli ein nicht einlösbares Zimmer in Bayreuth reserviert habe?
Hallo Hervé,
ich glaube niemand weiß bisher, was im Juli ist. Das größere Problem wird sicher sein, durch Frankreich zu fahren. Sie spekulieren ja darüber, dass wir in unserer Region bleiben müssen. In Deutschland sieht man das vermutlich lockerer. Es ist auch möglich, dass andere deutsche Grenzen dann geöffnet werden. Derzeit heißt es immer, dass Menschen, die in Deutschland einreisen, 2 Wochen in Quarantäne müssen. Es gibt aber auch gegenteilige Informationen.
Es kann auch sein, dass du dein Zimmer trotzdem stornieren kannst. Wenn die deutsch-französische Grenze zu ist und länderübergreifender Tourismus verboten, sind sie vielleicht kulant. Wir hatten, jetzt gerade, auch eine Wohnung in Deutschland gemietet, die nicht stornierbar war. Die Besitzer haben sich dennoch bereit erklärt, uns die Gebühren zu erlassen, weil wir ja keine Möglichkeit hatten den Urlaub anzutreten.
Wenn es eindeutige Informationen gibt, werde ich sie in jedem Fall hier auf dem Blog veröffentlichen. Sag doch bescheid, wie sich die Sache entwickelt.
Beste Grüße und bleib gesund,
Feli
Hallo Feli, Das Hotelmanagement ist schließlich damit einverstanden, eine kommerzielle Geste zu meinem Gunsten zu machen, das heißt meine Reservierung auf nächsten Sommer zu verschieben. Alles ist gut, das gut endet!
Hallo Hervé!
Siehste! Schön, dass sich das zu deiner Zufriedenheit gewendet hat!